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Il canto sospeso

Luigi Nono
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OriginalENGLISH TRANSLATION of the letters and biographies
IL CANTO SOSPESO

Anton Popov [Aнтон Попов]

26 Jahre - Lehrer und Journalist. Stammt aus einer Familie politisch Verfolgter, veröffentlichte Erzählungen und Gedichte. Er wurde am 23. Juli 1943 in Sofia füsiliert.

Liebe Mama, lieber Bruder, liebe Schwester,

Ich sterbe für eine Welt, die mit so starkem Licht, solcher Schönheit strahlen wird, daß mein eigenes Opfer nichts ist.

Tröstet Euch im Gedanken, daß für sie Millionen von Menschen in Tausenden von Kämpfen auf den Barrikaden und an den Kriegsfronten gestorben sind. Tröstet Euch im Gedanken, daß unsere Ideen siegen werden.

Anton

*

Andreas Likourinos [Αντρέας Λικουρίνος]

14 Jahre alt, Schüler, geboren in Kallithea/Athen. Ohne Prozeß am 5. September 1943 in Kessariani füsiliert.

Papa, Sie bringen mich nach Kessariani für die Hinrichtung zusammen mit sieben anderen Verhafteten. Ich bitte Dich, verständige ihre Familien. Betrübe Dich nicht. Ich sterbe für die Freiheit und das Vaterland.

Andreas

*

Elefthèrios Kiossès [Eλευθέριος Kιωσσής]

19 Jahre alt, Student der Literatur und Philosophie, am 5. Juni 1942 in Kessariani als Geisel erschossen.

Liebe Mama, Papa und Schwesterchen,

Heute am 5. Juni 1942 werden sie uns füsilieren. Wir sterben als Männer für das Vaterland. Ich leide durchaus nicht und darum ich will auch nicht, daß Ihr leidet. Ich will keine Klagen und keine Tränen. Habt Geduld. Ich wünsche Euch, daß Ihr glücklich seid und Euch meinetwegen nicht betrübt. Grüße von ganzem Herzen an alle. Wir sind unserer Ahnen und Griechenlands würdig. Ich zittere nicht, und ich schreibe Euch aufrecht auf meinen Füßen stehend. Ich atme zum letzten Mal die wohlriechende hellenische Luft unter dem Hymettos. Es ist ein wunderbarer Morgen. Wir haben kommuniziert und haben uns auch mit Kölnisch Wasser besprengt, das einer in seiner Tasche hatte.

Lebe wohl Griechenland, Mutter der Heroen

Lefteris

*

Konstantinos Sirbas [Kωνσταντίνος Σίρμπας]

22 Jahre alt, Friseur. In Gegenwart seines Vaters auf dem Hauptplatz in Trikala am 18. April 1943 gehängt.

Mein verehrter Vater, in zwei Stunden werden sie mich auf dem Platz hängen, weil ich ein Patriot bin. Da kann man nichts machen. Sei nicht verbittert, Vater, so war es mir beschieden. Ich sterbe in Gesellschaft. Lebe wohl. Auf Wiedersehen in einer anderen Welt. Ich erwarte Euch, und der Tag, wann Ihr kommen werdet, wird ein Festtag sein. Meine Kleider holet bei der Polizei. Meine Brieftasche enthielt nichts, aber sie ist neu. Nimm Du sie Papa. Erinnere Dich, daß Dein Sohn verbittert ist, daß er die Glocken der Freiheit nicht hören wird.

Kostas -
es stand geschrieben, daß ich im April sterbe.

*

Chaim

14 Jahre, Bauernsohn, geboren in Galizien. Er wurde bei einer Razzia aufgegriffen und mit Tausenden anderen jungen Juden in das Lager Pustkow gebracht und dort getötet. Der durch den Stacheldraht gesteckte Brief wurde von einem Bauern gefunden und den Eltern des Jungen gegeben.

Meine lieben Eltern,

Wenn der Himmel Papier und alle Meere der Welt Tinte wären, könnte ich Euch mein Leid und alles, was ich rings um mich sehe, nicht beschreiben. Das Lager befindet sich auf einer Lichtung. Vom frühen Morgen an treibt man uns in den Wald zur Arbeit. Meine Füße bluten, weil man mir die Schuhe weggenommen hat. Den ganzen Tag arbeiten wir, fast ohne zu essen, und nachts schlafen wir auf der Erde - auch die Mäntel hat man uns weg genommen.

Jede Nacht kommen betrunkene Soldaten und schlagen uns mit Holzstöcken, und mein Körper ist schwarz von blutunterlaufenen Flecken wie ein angekohltes Stück Holz. Bisweilen wirft man uns rohe Karotten oder eine Runkelrübe hin, und es ist eine Schande: hier prügelt man sich, um ein Stückchen oder ein Blättchen zu erwischen. Vorgestern sind zwei Buben ausgebrochen, da hat man uns in eine Reihe gestellt, und jeder Fünfte wurde erschossen. Ich war nicht der Fünfte, aber ich weiß, daß ich nicht lebend von hier fortkomme.

Ich sage allen Lebewohl und weine.

*

Eusebio Giambone

40 Jahre alt, Maschinensetzer, geboren in Monferrato/Asti. Beteiligte sich mit Gramsci und Parodi an der Besetzung von Fabriken. 1923 zur Auswanderung nach Frankreich gezwungen, arbeitete nach der Besetzung Frankreichs durch die Deutschen im Widerstand. Aus Frankreich ausgewiesen, kehrte er nach Turin zurück und schloß sich dort der Widerstandsbewegung an. Am 5. April 1944 von einem Exekutionskorps der Republikanischen Nationalgarde, G.N.R., auf dem nationalen Schießplatz Martinetto in Turin füsiliert.

Nach wenigen Stunden werde ich mit Sicherheit nicht mehr sein, aber sei gleichwohl versichert, daß ich ruhig und gefaßt vor dem Exekutionskorps stehen werde, so wie ich jetzt bin, wie ich es während jener zwei Tage eines Scheinprozesses war, wie ich es war bei der Verkündung des Urteils, denn ich wußte schon zu Beginn jenes Scheinprozesses, daß das Ergebnis ein Todesurteil sein werde.

Sind jene, die uns verurteilen, auch so ruhig? Sicherlich nicht.

*

Irina Malozon [Ирина Maлозон]

Mitglied der Jugendorganisation Komsomol. Verteilte Material, das ihr Onkel (der gleiche, an den der Brief gerichtet ist) verfaßte. Übte im Widerstand Verbindungstätigkeit aus, wurde von den Deutschen gefangen genommen und getötet.

Lieber Onkel,

Ich habe keine Angst vor dem Tod. Es tut mir bloß leid, nur so kurz gelebt und wenig für mein Land getan zu haben. Onkel, jetzt habe ich mich ans Gefängnis gewöhnt. Ich bin nicht allein, wir sind viele. Onkel, deswegen habe ich keine Angst vor dem Tod. Sag Mutter, sie soll nicht weinen. Ich hätte ohnehin nicht lange mit ihr gelebt. Ich hatte meinen Weg. Mutter soll das Geld verstecken, sonst stehlen es die Deutschen.

Lebe wohl, Deine Nichte Irina

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Ljubka Schewtzowa [Любка Щевцова]

Mitglied der Jugendgruppe Molodaia Gwardija (Junge Wacht) wurde von den Deutschen verhaftet und gefoltert. Am 7. Februar 1943 wurde sie, eine Woche vor der Befreiung Krasnodons, durch die SS getötet.

Leb wohl, Mutter, Deine Tochter Ljubka geht fort in die feuchte Erde.


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Esther Srul

Im September 1942 wurden diejenigen der 10000 Einwohner von Kowel in Wolhynien, die noch nicht getötet worden waren, in die Synagoge eingesperrt. Gruppenweise wurden die Gefangenen rausgelassen und erschossen. Eine Frau überlebt, sie wurde wahnsinnig. In den Trümmern der Synagoge fand man Botschaften in jiddischer Sprache.

Die Tore öffnen sich. Da sind unsere Mörder. Schwarzgekleidet. An ihren schmutzigen Händen tragen sie weiße Handschuhe. Paarweise jagen sie uns aus der Synagoge. Liebe Schwestern und Brüder, wie schwer ist es, vom schönen Leben Abschied zu nehmen. Die Ihr am Leben bleibt, vergeßt nie unsere kleine jüdische Straße. Schwestern und Brüder, rächt uns an unseren Mördern.

Esther Srul, ermordet am 15. September 1942

*

Elli Voigt

32 Jahre alt, geboren in Berlin. Kam mit der geheimen Widerstandsbewegung der Arbeiter in Berührung. Zu ihrer Verhaftung und ihrem Prozeß gibt es keine Unterlagen. Am 8. Dezember 1944 enthauptet.

Mein lieber Kamerad,

Es ist mir vergönnt, mich noch von Dir zu verabschieden, was leider den meisten Menschen nicht möglich ist. Ich weiß, Du würdest, wenn es in Deiner Macht stände, mir das Schwerste abnehmen. Doch jeder muß für das, was er getan hat, selbst einstehen. Meine Liebe zu Dir macht es mir leichter, als ich glaubte. Daß ich Dich bis ins Grab liebe, brauche ich wohl nicht zu versichern. Sei den Kindern immer das, was ich an Dir hatte, ein Kamerad. In der Hoffnung auf das Leben gehe ich in den Tod. Ich gehe im Glauben an ein besseres Leben für Euch.
Anton Popov [Aнтон Попов]

Aged 26, Bulgarian teacher and journalist. Poet and writer. His family was victim of political persecution. Executed in the Sofia Central Prison on July 23rd, 1943.

Dear Mother, Dear Brother, Dear Sister,

I am dying for a world which glows with such light, such beauty, that my sacrifice is nothing.

Take comfort in the thought that millions have died for this world, in thousands of battles, on the barricades and in war. Take comfort in the thought that I am dying for justice. Take comfort in the thought that our ideas will triumph in the end. ...

Anton

*

Andreas Likourinos [Αντρέας Λικουρίνος]

Aged 14. A student from Kallithea, Athens, Greece. Executed without trial on September 5th, 1943 in Kessariani.

Papa!

They are taking me to Kessariani to be executed with seven other prisoners ... (Andreas gives their names). Please try to let their families know. Don't be sad. I am dying for freedom and for our country.

Andreas

*

Elefthèrios Kiossès [Eλευθέριος Kιωσσής]

Aged 19, student, Greece. Studied literature and philosophy. Taken hostage and executed on June 5th, 1942 in Kessariani.

Dear Mother, Father and little sister,

They are going to shoot us today, 5 June 1942. We will be dying as men for our country. I'm not suffering and I don't want you to suffer either. I want no grief and tears. Be patient. I want you all to be happy, not sad because of me. My heartfelt greetings to everyone. We are worthy of our forefathers and Greece. I'm not trembling, I'm standing firm and upright as I write to you. I am breathing the sweet Hellenic air beneath Mount Hymettus for the last time. It's a wonderful morning. We have received Communion and sprinkled ourselves with eau de Cologne that one of us had in his pocket.

Farewell Greece, mother of heroes. Farewell my dear ones. Prove yourselves worthy of us.

Lefteris

*

Konstantinos Sirbas [Kωνσταντίνος Σίρμπας]

Aged 22. Hairdresser, Greece. Hanged before the eyes of his father on April 18th, 1943 in Trikala.

My dearest Father,

In two hours they are going to hang me in the square because I'm a patriot. Nothing more can be done about it. Don't be bitter, Father, this is the way it was destined to be. I'm not dying alone. Farewell. ... We will meet again in the world to come. I shall be waiting for you and the day you arrive will be a day of great festivity. Please collect my clothes from the police. My wallet was empty, but it's new. You have it, Father. ... Remember, your son is leaving with only one regret: that he won't live to hear the bells of freedom. ...

Kostas -
I was destined to die in April.

*

Chaim

Aged 14. Son of a farmer from Galicia (Poland). He was taken in a pogrom and deported together with thousands of young Jews to a camp in Pustkow, where he was murdered. His letter, cast outside the barbed wire fence, was found by a peasant and then given to the boy’s family.

My dear parents;

If all the heavens were paper and all the seas of the world were ink, I could not describe to my suffering to you and all that I see around me.

The camp is in a clearing. They drive us to work in the forest at daybreak. My feet are bleeding because they took my shoes away. We work all through the day with almost nothing to eat and at night we sleep on the bare floor (they took our coats away too).

Every night drunken soldiers come and beat us with wooden clubs and my body is black with scabs and bruises. It looks like a piece of charred wood. Sometimes they throw us a few raw carrots or a turnip and it's terrible: everyone starts fighting to try and get just the tiniest piece or one of the leaves. The day before yesterday two boys escaped so they lined us up and shot every fifth person in the row. I wasn't the fifth but I know I won't get out of here alive.

I bid farewell to you all, dear Mama, dear Papa, dear brothers and sisters, and I am crying ...

*

Eusebio Giambone

Aged 40, a typesetter from Montferrato/Asti, Italy. He took part in the occupation of a number of factories together with the Communist leader Antonio Gramsci and Parodi. In 1923 he had to seek refuge in France, where he joined the Maquis after France’s occupation by Germans. On April 5, 1944, he was executed by a Fascist National Guard squad in the national shooting range of Martinetto, Turin.

I know for certain that in a few hours I will no longer exist, but you can rest assured that I shall face the firing squad calm and composed, just as I am now, as I was during the two-day show trial, as I was when the sentence was announced, because I knew from the start of that so-called trial that it would end in a death sentence.

Are those who condemned us just as calm? I'm sure they're not! ...

*

Irina Malozon [Иpина Maлозон]

A member of the Resistance Youth Organization Komsomol. She distributed written material composed for her by her uncle (the same to which the letter is addressed). She also acted as a link for the Resistance movement. Captured by the Germans and executed.


Dear Uncle,

I have no fear of death. I'm only sorry to have lived such a short life and to have done so little for my country. ... Uncle, I've grown accustomed to prison now, I'm not alone, there are many of us. ... Uncle, that's why I'm not afraid of death. Tell mother not to cry. I wouldn't have lived with her for ever anyway. I had my own life to lead. Tell mother to hide the money or else the Germans will steal it. Farewell, your niece.

*

Lyubka Shevtsova [Любка Щевцова]


Member of the Resistance Youth Organisation Molodaya Gvardiya. Arrested by the SS, tortured and murdered in Krasnodon on February 7th, 1943.

Farewell mother, your daughter Lyubka is going now, down into the humid earth.

*

Esther Srul

In September 1942, those of the 10000 inhabitants of Kowel (Wolhynien, Poland) who had not been killed yet, were locked in the synagogue, then let out by groups and mercilessly shot dead. A woman came to survive, but she went mad. A number of messages written in Yiddish were hidden in the tambours of the synagogue, where they were found later.

The doors are opening. There are our murderers. Dressed in black. They are wearing white gloves on their filthy hands. They are driving us out of the synagogue in pairs. Dear sisters and brothers, how hard it is to part for ever from this beautiful life. You who live on should never forget our innocent little Jewish street. Sisters and brothers, avenge us on our murderers.

Esther Srul
murdered on 15 September 1942

*

Elli Voigt

Aged 32, a woman worker from Berlin. Involved with Labour Resistance. No evidence was brought for her emprisonment and process. Beheaded on December 8th, 1944.

My dear husband,

I've been allowed to say goodbye to you, a chance that, sadly, most people aren't given. I know that if it were in your power, you would relieve me of the heaviest burden. But everyone must stand up and answer for their own actions. My love for you makes it easier than I had imagined. That I'll love you until I die is something I'm sure I don't have to tell you. Always be to the children what you were to me: a comrade. ... I have hope in life as I go to my death. I go believing in a better life for you all.


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